Die Macht der Vorstellung

Forscher des Max-Planck-Instituts zeigen in einer Studie, wie wir mit Gedankenkraft neutrale Orte in etwas Besonderes verwandeln können

Ein romantisches Date oder ein lang ersehntes Wiedersehen - erleben wir an eigentlich neutralen oder unspektakulären Orten emotionale Situationen mit geliebten Menschen, dann werden auch die Orte für uns zu etwas Wertvollem. Die Wissenschaftler Roland Benoit und Philipp Paulus haben nun gemeinsam mit Daniel Schacter von der Harvard University in einer Studie Erstaunliches herausgefunden: Die emotionale Aufladung von Orten funktioniert auch, wenn wir uns die Zusammenkunft mit geliebten Menschen an diesem Ort nur vorstellen. Damit haben sie eine weiteren Beleg dafür gefunden, welche Macht unsere Vorstellungskraft auf unser Leben, unsere Einstellungen und unsere Perspektive haben kann.

*Repräsentationen werden im Gehirn miteinander verknüpft*
In der Studie sollten sich Testpersonen – während ihre Gehirnaktivitäten mit Hilfe eines MRTS aufgezeichnet wurden - vorstellen, an einem neutralen Ort mit einer geliebten Person zu interagieren.
Die Forscher hatten dabei vor allem den sogenannten ventromedialen präfrontalen Kortex im Visier, das ist eine Gehirnregion, die unter anderem Informationen über einzelne Personen und Orte unserer Umwelt speichert. Die Forscher vermuten, „dass dort Repräsentationen unserer Umwelt gebündelt werden, indem Informationen aus dem ganzen Gehirn zusammenlaufen und zu einem Gesamtbild gefasst werden“, wie Benoit erklärt. Dabei beinhalte diese Repräsentation auch eine Bewertung, etwa wie wichtig eine Person ist, die an einem bestimmten Ort zugegen ist. Wenn ich also an einen öden Bahnsteig denke und mir vorstelle, dort meinen Schatz zu küssen und mit ihm Hand in Hand entlang zu spazieren, dann wird in meinem ventromedialen präfrontalen Kortex sowohl die Repräsentation des Bahnsteigs als auch die meines Schatzes aktiv und beide werden miteinander verknüpft – so kann der positive Wert der Person auf den vorher neutralen Ort übertragen werden.

*Einzigartige menschliche Fähigkeit*
Bei den Testpersonen funktionierte das in der Studie offenbar gut, sie mochten die zunächst neutralen Orte nach ihrer Gedankenreise lieber. Für die Forscher ist das Thema so interessant, weil sie die einzigartige Fähigkeit des Menschen, nur durch Vorstellungskraft Dinge zu erleben und daraus sogar zu lernen, besser verstehen wollen. Denn diese Fähigkeit wäre ja für viele Bereiche äußerst spannend und nützlich. Künftig soll aber auch ein Augenmerk darauf gelegt werden, was passiert, wenn Menschen sich negative Dinge ausmalen. Möglicherweise können nämlich mit Vorstellungskraft neutrale Orte nicht nur in etwas Positives, sondern mit Schwarzmalerei auch in etwas Negatives und Bedrohliches verwandelt werden.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 27. Mai 2019