Elektronikerin für Betriebstechnik

Linn fand es schon im Physikunterricht spannend zu erfahren, was alles hinter der Steckdose passiert. In diesem Beruf kann sie ihre Neugier in die Tat umsetzen..

*Erzähl doch mal, was man mit der Ausbildung zur Elektronikerin für Betriebstechnik anfängt?*
Es ist schwierig, genau zu erklären, wo man überall arbeiten kann. Als Elektronikerin für Betriebstechnik entscheidet man sich meistens für eine Firma, die einen speziell auf ihre Geräte anlernt und in der man ein bestimmtes Aufgabengebiet übernimmt. In meinem Betrieb kann ich mich zum Beispiel um die Haltestellenanzeigen und Ticketautomaten in den Bussen und Bahnen kümmern oder um Überwachungssysteme an den Haltestellen. Ich kenne aber auch Kollegen, die beim Flughafen arbeiten und sich dort um die Beleuchtung auf dem Rollfeld kümmern oder die bei einer Firma arbeiten, die Bagger für den Kohleabbau herstellt und dort für die Verkabelung der Baggerkabinen zuständig sind.

*Das hört sich nach einem sehr vielfältigen Beruf an. Wie sieht denn ein Tagesablauf in der Ausbildung aus?*
Der Tag beginnt meistens zwischen 6 und 7 Uhr. Im ersten Lehrjahr macht man dann einen Elektro- und Mechanik-Grundkurs. Das heißt, man bekommt eine Arbeitsmappe mit Aufgaben, die dann abgearbeitet werden. Im mechanischen Bereich muss man unter anderem bohren, meißeln und sägen; im elektronischen Bereich baut man Grundschaltungen auf, die jede Elektronikerin im Schlaf beherrschen muss. Das ist alles sehr theoretisch, weswegen man die folgenden Lehrjahre praktisch verbringt. In meinem Betrieb werde ich für jeweils 4 bis 10 Wochen auf verschiedene Abteilungen geschickt, in denen ich den normalen Arbeitsalltag kennenlerne. In anderen, kleineren Betrieben darf man in den höheren Lehrjahren meistens den schon ausgelernten Gesellen zur Hand gehen. Bei uns ist es allerdings so, dass wir schon am Ende des ersten Lehrjahres anfangen, kleine, elektronische Arbeiten in der Werkstatt vorzunehmen, beispielsweise die Neuinstallierung einer Steckdose oder die Reparatur eines Lampenkabels. Zusätzlich hat man im Abstand von ca. vier Wochen für jeweils zwei Wochen Blockunterricht. Dort lernt man dann mit Elektronikern aus anderen Betrieben allgemeine Dinge, wie Rechte und Pflichten von Azubis, oder welche Gewerkschaft am besten zu welchem Betrieb passt.

*Was macht dir denn besonders viel Spaß?*
Am meisten Spaß machen mir Neuinstallierungen von Geräten. Wenn in einem Schulungsraum zum Beispiel ein neuer Beamer installiert werden muss, muss man meistens auf eine Leiter steigen, Deckenplatten anheben und in der Zwischendecke nach Anschlussmöglichkeiten suchen. Dazu kommt dann eventuell noch das Herstellen einer Beamer-Halterung oder eine komplett neue Leitungsverlegung. Durch einen kleinen Auftrag hat man also ein vielfältiges Aufgabengebiet und es wird nie langweilig.

*Und gibt es Arbeitsbereiche, die du gar nicht magst?*
Eigentlich gibt es nichts, was ich gar nicht mag. Natürlich gibt es Bereiche wie „Geräteprüfung“, die nicht so spannend und eher langweilig sind, da praktisch alle Geräte gleich geprüft werden und die Arbeit sehr monoton ist. Aber das gehört dazu, und grade durch langweilige und sich wiederholende Dinge lernt man viel und wird routinierter.

PC-Ausschlachten

*Wie bist du denn eigentlich auf die Idee gekommen, den Beruf zu wählen?*
In der Schule habe ich mich im Physikunterricht schon immer sehr für Stromschaltungen interessiert und fand es spannend zu erfahren, was alles hinter der Steckdose passiert. Während meiner Ausbildungssuche bin ich dann zufällig auf einige Plakate gestoßen, die Werbung für die Ausbildung in meinem Betrieb gemacht haben. Als ich mich dann informiert habe, welche Berufssparten es dort gibt, war mir schnell klar, dass Elektronikerin für Betriebstechnik genau das Richtige ist.

*Was sagen eigentlich deine FreundInnen zu deiner Berufswahl? Finden sie es cool, oder normal oder gar befremdlich?*
Meine Freundinnen haben viel Respekt vor meiner Berufswahl. Viele von ihnen bitten mich um Hilfe, wenn es um technische Fragen geht und sind immer sehr erstaunt, wenn ich ihnen genau erklären kann, wie man seinen Handyakku am effektivsten lädt. Meine Freunde finden das alles sehr cool und freuen sich, wenn auch mal ein Mädchen mit ihnen über Computer fachsimpeln kann.

*Es sind ja bestimmt nicht viele Mädchen in der Ausbildung, oder? Wie wirst du denn dort behandelt?*
In meinem Betrieb bin ich von zwölf Elektro-Azubis das einzige Mädchen (im ersten Lehrjahr gibt es von dreißig Azubis generell nur vier), in meiner 30-köpfigen Klasse gibt es noch drei weitere. Normalerweise wird man sowohl von den anderen Azubis, als auch von den Ausbildern und Lehrern ganz normal behandelt. Wir bekommen alle die gleichen Aufgaben, werden natürlich auch gleich bewertet und keiner wird benachteiligt. Manchmal kommt es allerdings zu eher unbeabsichtigten Vorteilen. Die Jungs benehmen sich oft gesitteter, wenn ich dabei bin, und wenn es Probleme gibt oder etwas organisiert werden muss, fragen sie mich öfter um Hilfe als dass sie versuchen, untereinander zurecht zu kommen. Außerdem werde ich viel öfter gefragt, ob ich für den Betrieb nach Außen hin präsent sein will (zum Beispiel für ein Pressefoto) und man munkelt, dass die Ausbilder bei Mädchen nicht sofort jede Bitte abschlagen, sondern eher zustimmen.

*Was glaubst du, warum sich so wenig junge Frauen für technische Berufe interessieren?*
Ich denke das liegt am allgemeinen Interesse von Frauen. Nicht viele Mädchen würden einen Computer auseinander schrauben oder sich intensiv mit elektromechanischen Vorgängen auseinandersetzen. Vielleicht trauen sich viele Mädchen auch nicht, in einen „Männerberuf“ einzusteigen, aus Angst, sie könnten nicht so gut sein wie ihre Kollegen.

*Was sollten deiner Meinung nach Betriebe tun, um mehr Mädchen in technische Ausbildungen zu holen?* Die Betriebe sollten gezielter auf (vor allem junge) Mädchen zugehen. Solche Aktionen wie den GirlsDay sollte es viel öfter geben, oder eben ähnliche Dinge wie AG's nach der Schule oder Projekte in Jugendzentren und Ogatas.

*Wurden in der Schule solche Berufe vorgestellt?*
Meine Schule hat sich leider sehr wenig mit Berufen auseinander gesetzt. Vom GirlsDay zum Beispiel hing immer nur ein Plakat am schwarzen Brett, aber kein Lehrer hat sich um eine Beteiligung gekümmert. Wir hatten einmal eine Berufsmesse, da sind verschiedene Betriebe in die Schule gekommen und haben einige Berufe vorgestellt. Bis auf Polizeibeamter, Fluglotse und Game Developer waren das aber größtenteils kaufmännische Berufe und Bürojobs. Dazu muss ich aber sagen, dass ich nach der 11. Klasse vom Gymnasium gegangen bin - vielleicht sind in den beiden Jahren danach noch Berufe vorgestellt worden - oder die Lehrer sind alle davon ausgegangen, dass man nach dem Abi erstmal studiert.

*Was müsste sich deiner Meinung nach ändern, damit mehr Mädchen auf die Idee kommen, einen technischen Beruf zu ergreifen?*
Mädchen sollten auf jeden Fall mehr gefördert werden. Viele Menschen denken immer noch, dass technische Berufe nur aus Mathematik bestehen und dass Mädchen keine Chance auf eine gute Karriere haben. Auch sollte das Interesse schon früh geweckt werden – für Mädchen, die als Kind nie die Möglichkeit hatten, sich an Technik auszuprobieren, sind technische Berufe natürlich sehr befremdlich.

*Dein Tipp für Mädchen, die in der Berufswahlphase stecken...*
Informiert euch und probiert so viele Berufe, wie ihr könnt, aus (zum Beispiel durch Praktika), und lasst euch nicht von irgendwelchen Vorurteilen abschrecken, sondern macht das, was euch Spaß macht.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Linn - Stand: August 2012