Das dunkle Geheimnis

Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet

In einem kleinen Dorf in Akita (Japan) ist mein Zuhause. Mein Name ist Haru Tukai und ich bin 14 Jahre alt.
Ich lebe mit meiner Oma in einem kleinen Haus auf dem Hügel, nahe des Baches. Ich unterstütze sie, wo ich kann, denn mein Opa ist schon seit längerer Zeit verschwunden. Seit meinem 8. Lebensjahr verbringe ich viel Zeit mit meiner Großmutter, denn meine Eltern arbeiten in Italien. Takaya Chu, mein bester Freund, steht mir seit je her immer zur Seite. Heute war ein sonniger Tag. Die Vögel zwitscherten, die Wiese grünte, Schmetterlinge flogen und der Tee in der Kanne meiner Oma duftete. „Haru? Hier ist Besuch für dich!“ Ich hechtete zur Haustür. Takaya begrüßte mich mit einem Eimer, einer Angel, Maden und einem Haken. „Hey, Haru! Möchtest du mit mir angeln gehen?“ Natürlich ging ich mit. Nach ein paar Stunden hatten wir mehrere Fische im Eimer. „Am besten bringt ihr sie in den Kühlschrank im Vorratsraum!“, beschloss meine Oma mit großen Augen, als sie die Menge der Wasserwesen am Eingang des Hauses betrachtete. Wir machten uns eilig auf den Weg. Im Flur hörte ich ein Krächzen. Ein pechschwarzer Rabe saß dort. Ob er wohl durchs Fenster geflogen war? Er schlich die Treppe hoch zum Speicher - und wir gleich hinterher. Vor der Tür des Dachbodens blieb das Tier stehen. Ich bekam es mit der Angst zu tun, denn eigentlich durfte ich das Dachgeschoss nicht betreten, so meine Großmutter. Warum musste der „gefiederte Kamerad“ ausgerechnet hier hoch? War es nur Zufall? Die Tür war angelehnt. Kühler Wind zischte durch meine Ohren, als ich mich dem Türspalt näherte. Gänsehaut stellte sich auf meinem Rücken auf, als ich darüber nachdachte, was wohl dahinter sein mag. Sollte ich diese Tür öffnen? Takayas Hand streckte sich nach der Türklinke aus. Sie betätigte diese und der Eingang zum Speicher öffnete sich.
Jetzt standen wir vor einem leeren, schwarzen Raum. Der Rabe, den wir erst jetzt wieder bemerkten, hüpfte gierig herum und war mit einem Mal spurlos verschwunden. „Wo ist er hin?“, fragte ich mit zittriger Stimme. Takaya antwortete: „Keine Ahnung!“ Komisch! Plötzlich verspürte ich Angst und Verlangen, diesen Raum zu betreten. Und langsam aber sicher setzte ich meinen rechten Fuß in Bewegung. Als ich über die Schwelle hinaustrat, konnte ich diesen nicht mehr spüren. PENG!!! „Wo bin ich? Takaya?“ Schlagartig öffneten sich meine Augen. Ich lag auf einem harten, grauen Untergrund. Was war nur passiert? Durfte ich deshalb nicht hier sein? „Haru, ich bin hier!“ Zum Glück war Takaya mir gefolgt. Wir gingen meiner Idee nach, das verschwundene Federvieh zu suchen, um aus dem vermeintlichen Raum wieder heraus zu finden. Nach ungefähr 2 Stunden gaben wir es auf, unsere Zeit zu vergeuden. Wir waren gefangen, dass stand fest! Auf den steinigen Boden ließen wir uns nieder, um zu schlafen. Jedoch tat ich kein Auge zu, denn der Gedanke, meine Oma nie wieder zu sehen, erschreckte mich immer wieder. Mit dem Kopf zur Decke gedreht, dachte ich an die schönen Tage, die ich mit ihr und Takaya bis jetzt verbringen konnte. Ein heller Schein fiel plötzlich in mein Gesicht. Ich setzte mich auf. Aus der Dunkelheit flackerte ein grelles Licht, welches wie von Sternen aussah. „Hallo?“, fragte ich zum Licht geneigt, „ist da wer?“ „Was ist denn los? Warum brüllst du so?“ Takaya war aufgewacht. Seinem Gesicht nach zu urteilen hatte er meinen Fund  noch nicht bemerkt. Ich zeigte ihm den Punkt, wo es herkam. Überrascht schaute er mich an, sprang auf und lief zielstrebig zum „Ausgang“. „Geh nicht dort hin!“, versuchte ich ihn fernzuhalten. Doch er hörte nicht und war in der Grelle des Lichts verschwunden. 5 Minuten, 6 Minuten, 7 Minuten,…. Bei dem Anblick meines Sekundenzeigers auf dem Ziffernblatt meiner Uhr befürchtete ich das Schlimmste: Ich musste mit dem Gewissen, meinen besten Freund verloren zu haben, das Abenteuer beenden. Wartend saß ich da und hoffte, dass Takaya endlich wieder kommt. Endlich bewegte sich etwas auf mich zu. Mein bester Freund kam zurück, und zwar nicht allein. Er hatte einen alten Mann im Schlepptau. Dieser umfasste mit seiner linken Hand ein Medaillon, welches das grelle Licht von sich warf. „Ha…Ha…Hallo!“, stammelte er. „Ich bin S…Su…. Sure!“ Aufgeregt begann ich, ihn Löcher in den Bauch zu fragen: „Was machen sie ihr? Können sie uns hier heraus führen? Warum haben sie ein leuchtendes Meda-?“ „Stooooop!!!“, brüllte er mich an, „Lass uns erst mal hinsetzen.“ Erschöpft erzählte er uns, dass er auch in dieser Höhle gefangen war, dass er es versuchen kann, uns hier heil wieder heraus zu bringen und dass ein Fluch auf ihm liegt. Welcher Bann es war, wollte er uns jedoch nicht anvertrauen. Wir redeten noch eine Weile mit ihm und legten uns dann wieder aufs Ohr! Als wir mittags dann von Sure aufgeweckt wurden, hatten wir ein mulmiges Gefühl. Schatten waren an der Wand zu sehen. Doch es waren nicht unsere, denn sie hatten eine Dämonengestalt. „Schnell Kinder, wir müssen fliehen!“ Der alte Mann riss mich und Takaya mit seinen Armen hoch. Unsere Köpfe stießen beinahe zusammen. „Wer sind die?“, fragte Takaya während wir liefen. „Das ist der Fluch! Die Phantome an den Wänden wollen alle Sterblichen vernichten, damit sie ein ungestörtes Leben führen können. Sie berühren die Menschen, um sie mit einer Krankheit zu infizieren. Man wird schwach und müde. Je öfter sie einen von uns berühren, umso schwächer werden wir, also-lauuuuuuuuuuuuuuft!!!“ Wir liefen und liefen und die Dämonen hinter uns her. Sure blieb ganz plötzlich stehen. Er öffnete sein goldenes Medaillon. Als die Strahlen auf die Wand trafen, versteckten sich die Schatten. „So lebe ich schon seit 5 Jahren!“
„Aber wie können diese Kreaturen besiegt werden?“, fragte Takaya neugierig. „Wenn sich kein Sterblicher mehr in dieser Höhle aufhält, dann sterben auch sie“, antwortete unser Begleiter. Er meinte außerdem, dass es nicht mehr weit bis zum Ausgang sei. Als wir uns wieder aufmachten, den Zugang zum Dachboden zu finden, fiel dem Alten das Medaillon aus der Hand. Als ich mich herunter beugte, um es aufzuheben, war es bereits zerbrochen. Jetzt hatten wir keine Abwehr gegen die Wesen an den Wänden. Aus der Ferne erkannte ich, wie sie wieder näher kamen. Sofort rannten wir los. Es war nicht mehr weit, denn ich konnte einen kleinen Türspalt in der Dunkelheit erkennen. Viele Steine lagen kreuz und quer auf dem Boden verteilt und ehe ich mich versah, lag Sure schon da. Er regte sich nicht. War er tot? Die Schatten rückten näher. Schließlich „standen“ sie vor dem alten Mann. Einer von ihnen zuckte seinen Finger. Viele andere taten ihm jetzt nach. Langsam berührten sie ihn. Schlagartig waren alle verschwunden. Wo waren sie hin? „Haru?“ Der Alte bewegte seine Lippen. „Ja?“
„Ich möchte, dass ihr mich mit in eure Welt nehmt. Beeilt euch sonst endet ihr so wie ich!“
Bevor ich verstand, schlossen sich seine glasigen Augen. „Nein!“ Da lag er! Kalt und schwer.
Tot! Tränen liefen mir über das Gesicht. „Er hat recht, wir dürfen keine Zeit verlieren!“, sagte Takaya und deutete auf die mordsüchtigen Gestalten in der Dunkelheit, die wieder im Anmarsch waren. Schnell hob er den Oberkörper der Leiche hoch. Ich nahm die Beine. Eilig gingen wir zur Tür. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und betätigte die Türklinke und gemeinsam verschwanden wir in der Finsternis. Wir landeten in Staub und Dreck. „Der Dachboden!“, rief ich aufgeregt. Wir schleppten uns die Treppe hinunter. In der Küche stand bereits meine Oma - in Tränen aufgelöst. „Wo wart ihr? Und wer ist das? „Wir waren auf dem Dachboden!“ Erschrocken erkannte sie die Person die wir auf dem Boden niederließen. „Sure!“ „Woher kenn-?“ Ich wurde mal wieder von ihr unterbrochen. „Kennst du ihn denn nicht? Es ist dein Opa!“ Mein Opa? Das konnte doch nicht war sein! POFF! Er war verschwunden. Der Rabe der uns in die Höhle geführt hatte tauchte wieder auf. Er hatte ein Glasröhrchen mit einer goldenen Flüssigkeit darin im Schnabel. Ein kleines, aber lesbares Kärtchen war daran befestigt. Darauf stand: Das Leben eines so liebevollen und tapferen Mannes muss zurückgeschenkt werden, denn durch ihn sind die bösen Wesen für immer aufgehoben. Es klingelte an der Haustür. Sure stand dort. Er hatte ein glückliches Lächeln aufgesetzt. Er erzählte uns noch viel und wir aßen Kuchen um sein neues Leben zu feiern.

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Autorin / Autor: Larissa, 13 Jahre - Stand: 10. Juni 2010