Lass doch mal sparsamer sein

EU-Bürger:innenräte fordern mehr Suffizienz (Reduzierung des Konsums) zum Schutz des Klimas

Foto: Luise Weber

Um das Klima zu schützen, gibt es bekanntlich viele Wege, um die auch reichlich gestritten wird: z.B. neue Techniken, die mit weniger Aufwand viel mehr Leistung erbringen, wie die LED-Lampe oder der neue Kühlschrank. Aber auch der Wechsel zu klimafreundlicheren Energieformen – wie Sonne und Wind. Eine weitere Maßnahme ist das Begrenzen von Produktion und Konsum, um Energie und Material zu sparen. Dies wird unter dem Stichwort "Suffizienz" zusammengefasst. Suffizienz bedeutet also, durch Verhaltensänderungen und politische Rahmensetzung Konsum- und Produktionsniveaus zu reduzieren. "Es geht um die Fragen, wie Menschen weniger Ressourcen verbrauchen können, indem sie ihre sozialen Praktiken (Wohnen, sich ernähren, sich fortbewegen, einkaufen etc.) verändern und welche politischen Rahmenbedingungen dieses Verhalten ermöglichen und fördern", heißt es in einem Artikel der Nachwuchsforschungsgruppe "EnSu – Die Rolle von Energie-Suffizienz in Energiewende und Gesellschaft", der sechs Nachwuchswissenschaftler:innen vom Freiburger Öko-Institut, dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie sowie von der Europa-Universität Flensburg (EUF) angehören.

Doch während fast alle dafür sind, einen stromsparenden Kühlschrank zu kaufen oder eine LED-Lampe zu installieren, ist das Konzept der Suffizienz für viele mit persönlichem Verzicht gleichgesetzt. Nicht selten argumentiert die Politik darum, man könne der Bevölkerung ja nicht vorschreiben, welchen Lebensstil sie wählt. Jetzt hat aber eine Befragung von elf Bürger:innenräten in der EU ergeben, dass deren Mitglieder weit mehr Handlungsempfehlungen für Suffizienz, also die persönliche Sparsamkeit, abgegeben haben als bisher in den Nationalen Energie- und Klimaplänen (NECP) vorgesehen waren.

Die Mitglieder der Räte werden zufällig aus der Bevölkerung ausgelost und sollen die Bevölkerung gut repräsentieren – zum Beispiel in Bezug auf Geschlecht, Bildungsabschluss, Alter und Wohnort. Als repräsentative Zivilgesellschaft diskutieren sie Fragen der Klima- und Energiepolitik.

In einem Artikel gehen die sechs Autor:innen aus der Nachwuchsforschungsgruppe nun der Frage nach, inwiefern die europäische Politik das Thema Suffizienz berücksichtigt und welche Ideen Bürger:innen dazu haben.

"Schlicht unumgänglich"

Das überraschende Ergebnis: Die Vorschläge der Bürger:innenräte beinhalten mit einem Anteil von 39 Prozent deutlich mehr solcher Suffizienz-Maßnahmen als die NECP mit einem Anteil von nur 8 Prozent. Für Erstautor Jonas Lage von der Europa-Universität Flensburg ist das bemerkenswert: „Suffizienz, so scheint es, ist für die Bürger:innenräte eine naheliegende, intuitive oder schlicht unumgängliche Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels und zum Erhalt einer lebenswerten Zukunft.“

Besonders gut schnitten bei den Räten dabei "regulatorische Suffizienzmaßnahmen" ab, wie zum Beispiel die Werbung für energieintensive Produkte einzuschränken. Solche Regeln einzuführen, fanden über 90 Prozent der Mitglieder am besten. Für Dr. Benjamin Best, Senior Researcher am Wuppertal Institut, ist das ein entscheidender Hinweis: “Die Empfehlungen der Bürger:innenräte liefern wichtige Anstöße für die Klimapolitik. Sie zeigen, dass Suffizienzmaßnahmen als sinnvolle Lösungen akzeptiert werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Carina Zell-Ziegler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Öko-Institut, ergänzt: „Vor dem Hintergrund dieser hohen Zustimmungswerte wäre es wünschenswert, wenn sich die Politik mehr damit beschäftigen würde. Beispielsweise in Frankreich wurden die Empfehlungen aufgegriffen und führten zum Verbot von Kurzstreckenflügen.“

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 18. September 2023