"Die Nanny" - ein Vorbild?

Genna-Luisa schreibt über die US-amerikanische Sitcom "Die Nanny"

Fran Fine. Ein Name, eine Alliteration. Hinreißend und unnachahmlich verkörpert von Fran Drescher. Hoher Wiederkennungswert, ausgesprochener Kultfaktor, oft nominiert und doch nie richtig preisgekrönt. Für mich eine Ikone, für sie eventuell Fluch und Segen. Segen, da Fran „Die Nanny“ mitschrieb, produzierte und die Hauptrolle darstellte, Gastrollen hatte, von denen Serien mit Traumproduktion nur schwärmen können. Fluch, denn sobald man ihren Namen googelt, erscheint als zweiter Treffer: "Fran Drescher ; Größe Gewicht" -
was ich traurig finde. Wirkt, als hätte man sie auf ihre Erscheinung reduziert. Und trotzdem nachvollziehbar - denn diese ist, nicht zu leugnen, phänomenal. Fran Fine alias Fran Drescher alias 'die Nanny' ist körperlich so filigran und doch so weiblich, mit so einer wunderbar dicken, fülligen, gelockten wilden Haarpracht beschenkt worden. Sie schwingt ihre Hüften lasziver als denkbar, provokanter als annehmbar; man kann sich nicht wehren, man bewundert sie oder bezweifelt ihre Ernsthaftigkeit, Seriosität - und kann doch nicht behaupten, dass sie einen nicht mitreißen, mitziehen täte.

Sie trägt schillernde, schockierende Figur-umspielende Kleidungs- … schätze muss man schon sagen. Und ist selbst in der Kombination aller Muster, Komplementärfarben und Stilbrüche in einem Outfit ist sie undefinierbar, ja unbeschreiblich stilvoll, originell, jugendlich und erscheint dabei doch nie
billig. Fran Drescher bringt dabei diese bissige, furchtlose und egozentrische Persönlichkeit des Kindermädchens in Star-Garderobe mit einem Augenzwinkern rüber, mit einem unaufhaltsamen, nicht zu ignorierendem Lachen, dessen ansteckender Eigenschaft keiner entkommen kann - und mag.

Ginge man nach der Temperamenten-Lehre von Hippokrates, wäre Fran Fine wohl eine explosive Mischung aus Choleriker und Sanguiniker, mit der Tendenz zu letzterem. Was mir schmeichelt, denn mir suggeriert man ein ähnliches inneres Feuer. (Was nicht selten problematisch ist). Und ich liebe „die Nanny“. Ich finde mich gerne ein Stück in ihr wieder und überlege mir dann doch, dass ich meilenweit von ihrer Klasse entfernt bin,
die mit dieser dreckigen und versauten Lässigkeit einhergehen, die sie zur Schau stellt.

Immer lässig und leicht, ist das private Leben von Fran Fine nicht zu beschreiben. Tumor. Krebs. Vergewaltigung. Job-Flops. Scheidung. Kinderlos. Und dann das: ein unverwüstliches Lächeln, eine unzähmbare Mähne, ein ewig junges Gesicht, eine Wespentaille, eine eigene Serie, ausgestrahlt in hundert Ländern, auf
Staffel erhältlich, auf nahezu jeder Internetseite typischer Magazine lobend erwähnt.

Bestsellerautorin ihrer Biographie, Gründerin einer Organisation zur Krebsfrüherkennung bei Frauen. Einfach eine Karrierefrau. Hundeliebhaberin. Was meine Oma generell befürworten würde. Menschen die Hunde lieben, können nur lieb sein. So die Devise. Doch auch sonst: „Die Nanny“ ist zeitlos, Fran Drescher ungealtert.
Ihr Humor zielt schlicht  auf jeden ab , der diesen besitzt. Meine kernige Oma würde alles an ihr lieben. Den Stil, das Lachen, die Häme, die Provokation, den Biss. Sie hat die Nanny nie geguckt. Ich weiß aber, sie würde Hochachtung für Fran Fine empfinden. Und auch für ihre Schauspielerin. Und das ist ein Zeichen höchster Güte. Denn Großmamas, das wissen wir alle, haben hohe Ansprüche. Fran Fine hat diese nicht. Sie will Geld, Luxus, einen scharfen Mann und exquisite Beute beim Shoppen. Fran Drescher hingegen vertritt Ideale, was man ihren Aktivitäten ansieht!

Sie scheut sich nicht, ihr Innerstes nach außen zu kehren, sich verletzlich zu machen. Sie ängstigt sich nicht davor mitzuteilen, sie befände sich in Therapie, sie schreibt über ihre Scheidung, in den Witzen ihrer Serie steckt immer ein Stück von ihr, wenn Fran Fine scheitert weiß man auch Fran Drescher ist
dieser Fall nicht unbekannt. Sie wirkt- und das ist aus meiner Sicht die Kunst - bei all der Expressivität
und Übertreibung ihrer Rolle nie gekünstelt, immer authentisch. Und deswegen- gäbe es ein Vorbild fernab der realen und geliebten Menschen um mich herum - dann wäre dies Fran Drescher!

Autorin / Autor: Genna-Luisa - Stand: 6. Februar 2013