Beschneidung von Mädchen

In vielen Kulturkreisen ein religiöses Gebot, tatsächlich jedoch Verstümmelung, meint aimee

Gestern sind meine Freundinnen und ich in der Schule auf das Thema „Mädchenbeschneidung“ zu sprechen gekommen, nachdem es kurz in einer Unterrichtsstunde angesprochen wurde. Da keine von uns genau wusste, was das ist und nur annähernd etwas darüber erzählen konnte, habe ich am Nachmittag sofort im Internet recherchiert. Damit auch ihr erfahrt, was genau eigentlich die Mädchenbeschneidung ist, habe ich mich dazu entschlossen, einen Text darüber zu schreiben.

Fakten & Daten

Mädchenbeschneidung ist vor allem in Afrika bei vielen Stämmen verbreitet. In Ägypten, Äthiopien, dem Sudan oder Djibouti sind fast 100% der Frauen betroffen. In anderen Ländern wiederum sind nur die Angehörigen mancher Stämme beschnitten, so z.B. in Nigeria, Mali, Burkina Faso, Senegal oder Kenia. Mädchenbeschneidung kommt aber auch auf der Arabischen Halbinsel und in Teilen Asiens vor.

Zurzeit sind etwa 150 Millionen Mädchen und Frauen von Beschneidung betroffen. Jedes Jahr kommen ca. 3 Millionen Mädchen hinzu, das sind mehr als 8000 pro Tag!

Beschneidung – was ist das überhaupt?

Spricht man von einer Beschneidung bei Mädchen, so gibt es viele verschieden Formen der Beschneidung. Die Beschneidung bei Mädchen kann man nicht mit der Beschneidung bei Jungen vergleichen, da bei der Mädchenbeschneidung die Sexualorgane des Mädchens sehr viel stärker und auf eine andere Art und Weise geschädigt werden. Hinzu kommt, dass eine Mädchenbeschneidung viel öfter weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Deshalb wir sie von Außenstehenden nicht als Beschneidung, sondern als weibliche Genitalverstümmelung bezeichnet – was sie ja im Grunde auch ist.

Die unterschiedlichen Formen reichen vom Einstechen der Vorhaut der Klitoris über die vollständige Entfernung der Klitoris bis hin zu der zusätzlichen Entfernung der inneren Schamlippen. Ganz schlimm ist die sogenannte pharaonische Beschneidung, auch Infibulation genannt: Die Klitoris, die inneren Schamlippen und die inneren Schichten der äußeren Schamlippen werden entfernt. Anschließend werden die übriggebliebenen äußeren Schamlippen mit Katzendarm zusammengenäht oder mit Dornen aneinander befestigt. Um eine Öffnung für Urin und Menstruationsblut zu lassen, wird ein kleines Stück Rohr in die Wunde gesteckt.

Für diese Eingriffe gibt es verschiedene Instrumente. Nein, es sind keine speziellen Instrumente aus der Medizin, die dafür benutzt werden, sondern ganz gewöhnliche Rasierklingen, Scheren, Messer oder Glasscherben. Diese werden oftmals nicht einmal desinfiziert und die Mädchen nicht betäubt.

Der Zeitpunkt der Beschneidung

Wann ein Mädchen beschnitten wird, hängt von der jeweiligen Bevölkerungsgruppe ab. Meistens müssen sie die Prozedur in einem Alter zwischen vier und acht Jahren über sich ergehen lassen. Der Grund, weshalb die Beschneidung an immer jüngeren Mädchen, auch an Säuglingen, vorgenommen wird (früher bei Eintritt ins Erwachsenenalter oder vor der Hochzeit) ist ganz einfach: Umso jünger die Mädchen sind, desto weniger Widerstand können sie leisten. Dabei müsste man doch mal überlegen, weshalb sie Widerstand leisten! Richtig, weil sie höllische Qualen leiden und das nicht wollen. Doch die Mädchen haben keine Wahl, sie müssen sich der Beschneidung hingeben.

Gründe für die Beschneidung bei Mädchen

Mädchenbeschneidung ist ein alter Brauch, dessen Ursprung zeitlich und geschichtlich nicht genau festzulegen ist. Die Gründe, die für die Durchführung angeführt werden, sind vielfältig:

  • Beschneidung sei ein religiöses Gebot (allerdings wird weder im Koran noch in der Bibel weibliche Beschneidung erwähnt bzw. gerechtfertigt)
  • Das weibliche Geschleicht sei hässlich und unrein, die Beschneidung und Infibulation schütze die Frau vor Krankheiten, Ausfluss, Würmern etc.
  • Die Beschneidung mache die Mädchen zu vollwertigen Frauen, weil der „männliche Teil“ der Frau entfernt werde.
  • Die Beschneidung verringere das sexuelle Verlangen der Frauen und schütze sie selbst vor ihrer ungezügelten Sexualität.
  • Die Beschneidung steigere die Fruchtbarkeit und die Heiratschancen der Frau.
  • Männer empfänden größeres sexuelles Vergnügen mit infibulierten Frauen
  • Alte Traditionen müssten bewahrt werden, Einwände gegen diese Traditionen seien auf die „Verwestlichung“ zurückzuführen.

Die gesundheitlichen Folgen

Der Genitalbereich ist stark mit Nerven versorgt und somit sehr sensibel. Die Mädchen leiden während der Beschneidung unter großen Schmerzen und verlieren viel Blut – so viel Blut, dass es nicht selten vorkommt, dass ein Mädchen bei dem Ritual stirbt. Da fragt man sich doch, ob es normal ist, dass Eltern das riskieren bzw. zulassen?!

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes liegt die Zahl der Sterbefälle direkt nach der Beschneidung bei 3-7% Prozent; in Gegenden, in denen infibuliert wird, sogar bei bis zu 30%!
Die Beschneidung wird von Hebammen oder alten Frauen durchgeführt. Da diese nicht immer medizinisch geschult sind, kann es vorkommen, dass dabei die Harnröhre oder die Blase des Mädchens verletzt werden, was zu Problemen mit der Harnentleerung führt.

Aufgrund der unsterilen Umstände, ist auch die Gefahr einer Infektion, z.B. Blutvergiftung oder Tetanus, sehr groß. Da die Instrumente oft für mehrere Mädchen gleichzeitig benutzt und zwischendurch nicht gesäubert werden, ist auch die Gefahr einer Infizierung mit HIV/Aids vorhanden.

Die Mädchen leiden ihr Leben lang an den Folgen der Beschneidung. Unter anderem haben sie starke Schmerzen bei der Monatsblutung, Schmerzen beim Sex und wenn sie ein Kind gebären, ist es für sie äußerst schmerzhaft. Jede von uns weiß, denke ich mal, ob durch TV oder aus dem Umfeld, dass eine Geburt für keine Frau einfach ist. Jetzt stellt euch einmal vor, ihr wärt infibuliert und müsstet ein Kind gebären. Die Vaginalöffnung ist zu klein und muss vor der Geburt meist operativ geöffnet werden, um die Geburt zu ermöglichen. Das Narbengewebe ist unelastisch und verursacht große Schmerzen beim Geburtsvorgang. Nach der Geburt werdet ihr dann wieder bis auf eine stecknadelkopfgroße Öffnung zugenäht. Das ist doch unglaublich! Da ist es auch kein Wunder, dass viele infibulierte Frauen lieber auf einen Kaiserschnitt oder eine Zangengeburt zurückgreifen.

Neben diesen Dingen sind auch die psychischen Folgen von enormem Ausmaß: Viele Mädchen und Frauen leiden nach der Beschneidung unter Depressionen, Angstreaktionen, Verhaltensstörungen oder anderen psychischen Schäden. Wer kann es ihnen verdenken?! Sie erwarten ein fröhliches Reiferitual und was passiert – sie werden verstümmelt.

Was wird dagegen getan?

Organisationen wie Terre des Femmes oder Unicef setzen sich für die Abschaffung der Mädchenbeschneidung ein.
Dazu zählen Informationskampagnen in den betroffenen Ländern, die finanzielle und politische Unterstützung von Frauengruppen, die für die Abschaffung der Beschneidung kämpfen, und die Einrichtung von Beratungsstellen für betroffene Frauen und ihre Familien. Darüber hinaus hat es sich Terre des Femmes zum Ziel gesetzt, die Genitalverstümmelung zu einem eigenen Strafbestand zu machen.

In einem Punkt sind sich alle einig: Nur ein Verbot zu ernennen reicht in diesem Fall nicht – man muss die Menschen darüber informieren und sie aufklären. Nur dann gibt es eine Chance, die Mädchenbeschneidung eines Tages ganz abzuschaffen.

Meine Meinung

Die Tradition der Mädchenbeschneidung finde ich schrecklich. Allein die Tatsache, dass die Mädchen Höllenqualen erleiden müssen, wäre – meiner Meinung nach – schon ein Grund, diese zu verbieten. Für mich käme als Mutter für mein Kind niemals eine Beschneidung infrage, geschweige denn dass ich es dazu zwingen würde. Ich finde, Mädchenbeschneidung ist unverzeihbar und man sollte alles dafür tun, dass keine Mädchen mehr gegen ihren Willen beschnitten werden.

Autorin / Autor: aimee, - Stand: 25. März 2010