Ein Junge namens Titli

Überzeugende Darstellung des Lebens in den Slums von Delhi. Die realistische und offene Darstellung von Gewalt ist jedoch nicht für jeden zu empfehlen.

„Ein Junge namens Titli“ erzählt die Geschichte des indischen Slumbewohners Titli, seinen zwei Brüdern und seinem Vater.
Die vier Männer leben in ärmlichen Verhältnissen in einem halb fertigen Haus. Schnell wird klar, dass sie ihren Lebensunterhalt mit kriminellen Geschäften und Autodiebstahl bestreiten. Der jüngste Bruder, Titli, will aus diesem brutalen Elend ausbrechen und vor seinen tyrannischen Brüdern fliehen. Er versucht, einer ehrlicheren Tätigkeit nachzugehen und einmal ein besseres Leben zu haben. Nachdem er jedoch in Schwierigkeiten gerät und er das Geld verliert, mit dem er seinen Ausstieg finanzieren wollte, beschließen seine Brüder, ihn mit der jungen Neelu zu verheiraten, um bessere Kontrolle über Titli zu haben und ihn am Weggehen zu hindern.
Titli und Neelu werden gegen ihren Willen verheiratet. Nach einem schwierigen Start verbünden sich die beiden jedoch und schmieden einen Plan, wie sie beide aus ihrer hoffnungslosen Welt entkommen können. Dieser Plan wird aber immer wieder von den widrigen Umständen zerschlagen.

Der indische Regisseur Kanu Behl liefert mit „Ein Junge namens Titli“ sein Debüt in der Filmbranche ab, das zum Genre des Neo-Noir-Dramas zählt. Nachdem der Film schon 2014 bei den Filmfestspielen in Cannes und Hamburg als Geheimtipp lief, startet er am 28. Mai 2015 auch in den deutschen Kinos.

*Kein heiteres Popcorn-Kino *
Der Film ist jedoch nichts für Zartbesaitete. Schonungslos sieht der Zuschauer alles, was bei normalen Hollywood-Streifen ausgeblendet wird, dabei wirkt die Szenerie jedoch deutlich überzeugender und weniger überzogen als bei den 08/15-Blockbustern.
Brillant fängt der Regisseur die bedrückende und hoffnungslose Umgebung seiner Protagonisten ein, untermalt von einer überzeugenden Musik- und Geräuschkulisse. Dabei hat der Film zwischendurch immer wieder seine komischen und skurrilen Momente. Etwa wenn der alternde Vater wild auf der Hochzeit tanzt oder sich die wenigen verbliebenen Haare dunkel färbt.
Der Zuschauer selbst schwankt bei den Figuren des Films zwischen Sympathie und Antipathie. Im Laufe des Filmes wird klar, dass man nicht zwischen Gut und Böse unterscheiden kann, jeder hat seine Gründe für sein Verhalten, die äußeren Umstände machen es jedoch schwierig, immer richtig zu handeln. Der Film lässt ein mulmiges Gefühl zurück, doch gerade das macht die Spannung an der Geschichte aus.

*Fazit:* Alle, die mehr sehen wollen als die üblichen Action-Filme oder Liebeskomödien, sollten sich „Ein Junge namens Titli“ nicht entgehen lassen. Man sollte sich dabei jedoch bewusst sein, dass es kein heiteres Popcorn-Kino ist und der Film seine FSK 16-Einstufung nicht umsonst bekommen hat.

Autorin / Autor: Linda Grewing - Stand: 25. März 2015