Das Geschlecht der Eifersucht

Studie erklärt, warum Männer und Frauen so unterschiedlich auf Untreue reagieren

"Hattest du was mit dem Typ, oder warum grinst ihr euch so an?" "Ne, aber du verbringst auch ganz schön viel Zeit mit meiner besten Freundin. Hast wohl ne besondere Seelenverwandtschaft mit ihr, was?" Habt ihr auch schonmal festgestellt, dass Eifersucht von Jungs sich anders äußert als die von Mädchen? Während Männer sich offenbar eher um die sexuelle Treue ihrer Partnerin sorgen, schlagen bei Frauen hauptsächlich dann die Alarmglocken, wenn sie emotionale Untreue des Partners wittern. Eine kürzlich durchgeführte Studie in Norwegen zeigt, dass dies tatsächlich so ist und untersuchte auch die Gründe dafür. "Die Psyche von Männern und Frauen ist sich in den meisten Bereichen sehr ähnlich - aber nicht, wenn es um das Thema Fortpflanzung geht", sagt Professor Mons Bendixen, vom Institut für Psychologie der Norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU). Zusammen mit seinen Kollegen Leif Edward Ottesen Kennair und David Buss von der University of Texas hat er eine Eifersuchtsstudie mit mehr als 1.000 Teilnehmer_innen veröffentlicht. Die Evolutionspsychologen waren überrascht, dass die Unterschiede zwischen den Geschlechtern derart stark waren, besonders weil ja gerade Norwegen als eines der fortschrittlichsten Länder der Welt in Sachen Gleichberechtigung gilt und sie gerade dort eher angeglichene Reaktionen erwartet hätten.

In verschiedenen Versuchsszenarien wurden den Testpersonen Geschichten über entweder sexuelle oder emotionale Untreue vorgelegt, die sie hinsichtlich der Schwere des "Vergehens" beurteilen sollten. Dabei kam immer das gleiche Ergebnis heraus: Männer reagierten am eifersüchtigsten auf sexuelle Seitensprünge von Frauen, Frauen reagierten am heftigsten auf emotionale Untreue. Das evolutionäre Muster schien immer die Oberhand über das zu haben, was die Geschlechter in einer modernen gleichberechtigten Kultur eigentlich erlernt haben sollten. Aus evolutionsgeschichtlicher Perspektive mussten sich Männer und Frauen nämlich über Tausende von Generationen verschiedenen Herausforderungen bezogen auf die Fortpflanzung anpassen. Untreue war eine solche Herausforderung. Besonders für Männer, denn sie konnten nie wirklich sicher sein, dass sie der Vater eines Kindes sind. Laut der Evolutionspsychologie ist die Eifersucht der Männer bezogen auf die sexuelle Untreue demnach folgerichtig, da seine Eifersucht verhindert, dass seine Partnerin ihn betrügt.

Für die Frauen ergibt sich in dieser Theorie eine ganz andere Situation, da sie genau wissen, dass sie die Mutter des Kindes sind. Sie müssen aber sicherstellen, dass der Vater sich auch um den Nachwuchs kümmert. Die größte Bedrohung für Frauen war also nicht, dass der Mann Sex mit anderen Frauen hat, sondern dass er mit ihnen Zeit verbringt und seine Ressourcen mit ihnen anstatt mit der Mutter seines Kindes teilt.

Was hat das mit dem Verhalten heute zu tun? Ist dieses Bild vom Versorger nicht längst aus unseren Köpfen verschwunden? Frauen von heute sind Nachkommen von Frauen, die über Tausende von Generationen eifersüchtig reagiert haben, wenn Männer mehr Zeit mit anderen Frauen verbrachten und damit signalisierten, dass sie sich wohl auch weniger um den Nachwuchs kümmern würden, erklärt Bendixen. Frauen, denen die Untreue eher egal war, mussten sich darauf einstellen, das Kind notfalls alleine zu versorgen. Umgekehrt mussten Männer, denen es eher gleichgültig war, ob ihre Frau Sex mit anderen hatte, damit rechnen, dass sie sich später nicht um ihr eigenes, sondern um ein fremdes Kinder kümmern. Um sicher zu sein, dass sie ihre eigenen Gene weitergeben konnten, waren sie also auf Kontrolle angewiesen.

Dass wir alle heute noch so reagieren, zeigt, wie tief diese Muster noch sitzen, die wir von unseren Vorfahren gelernt haben. Dabei ist es laut Bendixen egal, welche Erfahrungen wir bisher mit Untreue hatten, oder ob wir in einer Beziehung sind oder nicht. Keiner dieser äußeren Faktoren scheint einen Einfluss darauf zu haben, wie Männer und Frauen auf Untreue reagieren. Demnach ist die Eifersucht offenbar keine kulturell bedingte Reaktion, die wir in diesem Leben erlernt haben, sondern sie steckt tief in unseren Genen, die die Informationen unserer Vorfahren immer noch mit sich herumtragen.

Quelle

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 22. Oktober 2015