Der Drang, sich mitzuteilen

Psychologie: Der Wunsch, private Informationen in sozialen Netzwerken zu teilen könnte ein Erbe der Evolution sein

Warum teilen Menschen so oft persönliche Dinge in sozialen Netzwerken, die sie später bereuen, die ihnen schaden oder ihren Ruf zerstören? Bisher wird die Entscheidung, Privates in sozialen Netzwerken zu teilen, oft als strategische Entscheidung interpretiert, eine Abwägung zwischen Nutzen und möglichen Risiken. Wenn man allerdings betrachtet, wie häufig Leute etwas teilen, was sie später bereuen, dann scheint diese Erklärung nicht mehr ganz schlüssig. Treffen Menschen ständig solche Fehlentscheidungen? Die Forscher:innen Erin Carbone und George Loewenstein sind überzeugt, dass eigentlich etwas anderes dahintersteckt. Sie vermuten, dass hinter dem Bedürfnis, Persönliches mit anderen zu teilen, eine Art Trieb steckt. Ein Trieb sei im Gegensatz zur kalten Logik der strategischen Entscheidungsfindung ein emotionaler, zwanghafter Prozess, dem nur mit erheblicher Willenskraft widerstanden werden könne, selbst wenn die Weitergabe von Informationen wahrscheinlich negative Auswirkungen haben wird, schreiben Carbone und Loewenstein.

Während sich Triebe wie Hunger und Durst entwickelt haben, um überlebenswichtige Bedürfnisse Einzelner zu erfüllen, könnte sich der Trieb zur Offenlegung in erster Linie entwickelt haben, um das kollektive Überleben zu verbessern, indem der Zugang einer Gruppe zu Informationen verbessert wird, vermuten Carbone und Loewenstein. Das Teilen von Informationen über uns selbst - oder über andere in Form von Klatsch und Tratsch - kann die Überlebenschancen einer Gruppe in neuen Umgebungen erhöhen, unerwünschte soziale Verhaltensweisen verhindern und sogar zur kulturellen Evolution beitragen, erklären die Forscher:innen.

Soziale Informationen als Überlebensvorteil für die Gruppe

"Wir Menschen scheinen dazu veranlagt zu sein, Informationen mit anderen zu teilen, und es könnte sein, dass wir dieses Bedürfnis als Vorteil für die Gruppe entwickelt haben", sagte Carbone. "Wir geben Informationen preis und verspüren ein instinktives Verlangen, Informationen preiszugeben, auch wenn sie nicht mehr dem ursprünglichen evolutionären Zweck dienen. Die Betrachtung der Offenlegung als Trieb kann uns auch helfen zu verstehen, warum sich Menschen manchmal dazu entschließen, in den sozialen Medien zu viel zu teilen". 

Der Artikel wurde in der Fachzeitschrift Current Directions in Psychological Science veröffentlicht.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 10. Januar 2024