Die Fitness-Falle

DVDs mit Fitness-Anleitungen können das Selbstvertrauen und Wohlbefinden senken und sogar zu Verletzungen führen.

Viele Menschen nehmen sich vor, mehr Sport zu machen. Doch was tut man, wenn es draußen nass und kalt ist? Ab ins Fitness-Studio, was sonst. Aber vielen Anfängern fällt es schwer, sich in dieser Umgebung voll und ganz auf sich selbst zu konzentrieren und sie fühlen sich dort nicht wohl. Wie gut, dass es DVDs mit Fitness-Programmen gibt! Oder?

Leider ist es nicht ganz so einfach, denn eine Untersuchung ergab, dass diese Übungsvideos ihren Zweck häufig nicht erfüllen und Bilder und Sprache enthalten, die demotivieren und psychologisch schaden. Brad Cardinal, Professor für Kinesiologie (Bewegungswissenschaft) an der Oregon State University, hat zehn beliebte Fitness-DVDs näher untersucht und dabei Bild und Sprache ausgewertet. Dabei stellte sich heraus, dass die Videos häufig unrealistische und übersexualisierte Körpervorstellungen bestärken und so der Psyche der Nutzer_innen schaden.

Cardinal wertete die von den Fitness-Lehrer_innen gemachten Aussagen aus und beobachtete dabei, dass ein Viertel der Sprache zwar motivierend, eine in sieben Aussagen aber  negativ formuliert war. Sätze wie „sag hallo zu deinem sexy Sixpack“, „du solltest besser schwitzen“ oder „du solltest gerade sterben“ reduzieren die Wirkung des Trainings, verringern die Hoffnung der Nutzer_innen und tragen auch nicht gerade zum persönlichen Wohlbefinden bei.

„Bilder und Sprache rufen viele übertriebene Anforderungen wie‚ tu das und du wirst aussehen wie ich‘ hervor“, sagt Cardinal. Die Unerfüllbarkeit dieser Behauptung wird besonders dadurch deutlich, dass die Fitness-Trainer und Models sich alle sehr ähnlich sehen. Die meisten von ihnen sind schlank, weiblich und weiß und tragen freizügige Kleidung. So wird eine subtile Nachricht gesendet, wie man auszusehen hat. Dies führt zur  Diskrimination von anderen Ethnizitäten und Figurtypen und zur Objektivierung des weiblichen Körpers. Der Fokus, der eigentlich auf der Gesundheit liegen sollte, wird aufs Aussehen verschoben.

Die Förderung von utopischen Schönheitsvorstellungen führt zum Vergleich mit Leuten, die einen ganz anderen Figurtyp haben als man selbst, was nur schädlich für den Erfolg des Trainings sein kann: „Käufer sollten sich in Erinnerung rufen, dass wir alle verschieden Körper haben und diese unterschiedlich auf die Übungen reagieren könnten. Erwarten Sie nicht, die gleichen Ergebnisse zu erzielen, die auf dem Bildschirm gezeigt werden, und vergleichen Sie sich nicht mit diesen Bildern“, meint Cardinal.

Die Fitness-DVDs können aber nicht nur schädlich für das Selbstbewusstsein und Wohlbefinden sein, sie können auch zu physischen Verletzungen führen. Stichelnde Bemerkungen der Lehrer, das Tempo mitzuhalten, können darin enden, dass der / die Nutzer_in sich überlastet. Als besonders gefährlich sieht Cardinal auch die Tatsache, dass die Anleitungen für Anfänger beworben werden, obwohl sie häufig die Fähigkeiten von Fortgeschrittenen voraussetzen. Dadurch steigt das Verletzungsrisiko zusätzlich.

Der Forscher rät also entschieden vom Kauf von Fitness-DVDs ab: „Man lädt Videos, durch die man sich schlecht fühlt, in sein Zuhause ein und sie hindern letztendlich an der Verbesserung der Gesundheit. Wenn die Erfahrung nicht positiv ist, ist die Wahrscheinlichkeit, das Trainingsprogramm fortzusetzen, gering.“

Cardinal sieht zudem eine Notwendigkeit, auch die Effektivität und Sicherheit der Übungsaufgaben zu untersuchen. Viele der Lehrer scheinen nämlich kaum oder gar keine Erfahrung in der Fitness-Anleitung zu haben. Sollte man sich also wirklich von solchen Leuten anleiten lassen? Solch ein Risiko einzugehen, ist wirklich nicht ratsam, also sollte man vielleicht doch seinen inneren Schweinehund überwinden und sich ins Fitnessstudio oder den Sportverein seines Vertrauens quälen. Dort kriegt dann wenigstens jemand mit, wenn man sich bei einer Übung übernimmt, sie falsch ausführt oder sich dabei verletzt.

Quelle

Autorin / Autor: Jana Schaefer - Stand: 11. Januar 2016