Wenn du gut bist, bin ich's auch

Wir vergleichen uns ständig mit anderen, auch beim Lernen. Sind andere besser, fühlen wir uns schlechter und umgekehrt. Bei eineiigen Zwillingen läuft der Vergleich aber anders ab, sagen Tübinger Forscher:innen.

Wenn Menschen zusammen lernen, dann vergleichen sie sich miteinander. Gerade in der Schule tritt dann häufig der sogenannte Kontrasteffekt auf: Sind die anderen besser, schätzen wir unsere Fähigkeiten eher schlechter ein, sind die anderen eher schlechter, fühlen wir uns fähiger. In wissenschaftlichen Studien konnte dieser Effekt immer wieder nachgewiesen werden.

Bei eineiigen Zwillingen: Spiegeleffekt statt Kontrasteffekt

Nun haben Forscher:innen des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen eine bedeutsame Ausnahme gefunden: eineiige Zwillinge. Bei ihnen kehrt sich der Vergleichseffekt in einen Spiegeleffekt um. Die Leistung des Co-Zwillings wirkt sich also nicht gegensätzlich, sondern angleichend aus: Ist der Co-Zwilling gut in einem Schulfach, wirkt sich das positiv auf das eigene schulische Selbstkonzept im gleichen Fach aus. Umgekehrt haben schlechte Leistungen des einen Zwillings negative Auswirkungen auf das Selbstkonzept des anderen.

In der Studie zeigte sich auch, dass der Spiegeleffekt bei zweieiigen Zwillingen nicht nachgewiesen werden kann. „Dieser Befund deutet darauf hin, dass eine nur mäßige Ähnlichkeit nicht ausreicht, damit der Spiegeleffekt eintritt, sondern dass der Grad der Ähnlichkeit außergewöhnlich hoch sein muss“, erklärt Ulrich Trautwein, Direktor des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung und Co-Autor der Studie. „Tatsächlich findet sich bei zweieiigen Zwillingsbeziehungen häufig ein gewisses Maß an Konkurrenzdenken, das etwaigen Spiegeleffekten entgegenwirken könnte.“

Für die Studie analysierten die Wissenschaftler:innen Daten von über 4.000 eineiigen und zweieiigen Zwillingen in Deutschland im Alter zwischen elf und 17 Jahren aus der TwinLife-Studie. Teilweise besuchten die Zwillingspaare jeweils die gleiche Schulklasse, teilweise nicht.

Interessant sind die Vergleichseffekte für die Forscher:innen, weil sie im Bildungsalltag eine wichtige Rolle spielen - etwa wenn Schüler:innen in Fähigkeitsgruppen-Gruppen eingeteilt werden oder Lehrer:innen ein Feedback zur Leistung von Schüler:innen geben. Der nun entdeckte Spiegeleffekt hilft, die Entstehung des schulischen Selbstkonzepts besser zu verstehen.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung