Einmal schlau heißt nicht immer schlau

Forschung: Intelligenzmessungen bei Kleinkindern und Kindergartenkindern sind nur eine Momentaufnahme. Der Intelligenzquotient kann sich bis zum Erwachsenenalter durchaus verändern - zum Guten wie zum Schlechten.

Bei euch wurde in der Kindheit ein weit überdurchschnittlicher IQ gemessen? Darauf könnt ihr euch leider nicht ein Leben lang ausruhen, denn Kinder mit hohem IQ werden nicht zwangsläufig hochintelligente Erwachsene. Umgekehrt gilt auch: wenn ihr als Kinder beim Intelligenztest nicht gerade geglänzt habt, heißt das nicht, dass ihr als Erwachsene nicht deutlich besser abschneiden könnt.

Wie Forschende der Universität Trier und der University of Texas herausfanden, stellen Intelligenzmessungen bei Kleinkindern nämlich nur eine Momentaufnahme dar. Auch im Kindergartenalter haben sie nur für einen begrenzten Zeitraum Aussagekraft. "Hochgradig stabil" sind Intelligenzmessungen erst bei Erwachsenen, "hochgradig stabil" meint dabei, dass die Messung für etwa fünf Jahre eine sehr hohe Gültigkeit, aber auch noch darüber hinaus eine substanzielle Stabilität und Gültigkeit hat.

„Dass Intelligenztestergebnisse nicht über das ganze Leben hinweg hochstabil sind, ist bereits länger bekannt. Wir konnten mit unserer Studie nun aber eine einzigartig präzise Einschätzung darüber abgeben, wie es mit der Stabilität im Detail aussieht und insbesondere, wie das Alter bei der Testung mit der Stabilität zusammenhängt“, sagt Dr. Moritz Breit, Hochbegabtenforscher im Fach Psychologie der Universität Trier.

Die richtige Förderumgebung finden

„Intelligenztests bei Kindern werden oft durchgeführt, um Entscheidungen über Platzierungen im Bildungssystem oder über Förderumgebungen zu treffen. Sie entscheiden zum Beispiel mit darüber, ob ein Kind eine Förderschule besuchen oder frühzeitig eingeschult werden soll, was große Auswirkungen auf das weitere Leben haben kann“, erklärt Dr. Moritz Breit. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Intelligenztests bei Kindern in gewissen zeitlichen Abständen wiederholt werden sollten, um zu überprüfen, ob das Kind noch in der richtigen Förderumgebung ist. Im frühen Kindesalter und auch noch im Grundschulalter kann man sich nicht langfristig auf eine einzelne Testung verlassen.“

Warum verändern sich die Messergebnisse?

Intelligenz setzt sich aus vielen unterschiedlichen Fähigkeiten zusammen, die vor allem im Kindes- und Jugendalter stark ansteigen. Dabei entwickeln sich nicht nur die unterschiedlichen Fähigkeiten unterschiedlich schnell, sondern auch die verschiedenen Kinder. In jungen Jahren finden damit vielfältige Entwicklungen statt, die bei unterschiedlichen Kindern unterschiedlich verlaufen können. Kinder entwickeln beispielsweise ihre motorischen oder sprachlichen Fähigkeiten unterschiedlich schnell. Auch wenn Intelligenztests spezifisch auf die jeweilige Altersgruppe abgestimmt sind, kann ein Testergebnis durch einen zum Zeitpunkt der Testung im Vergleich zu anderen Kindern verzögerten Entwicklungsstand beeinflusst sein, der dann in der weiteren Entwicklung wieder aufgeholt wird.

Im Erwachsenenalter scheinen viele Fähigkeiten ein Plateau erreicht zu haben. Zum anderen leben die meisten Erwachsenen auch in eher konstanten Umwelten oder suchen sich solche aus, die zu ihren Fähigkeiten passen, so dass auch hier durch den Einfluss der Umwelt eine gewisse Stabilität gegeben ist.

Für Forscher Dr. Moritz Breit untermauern die Ergebnisse, was sich langsam aber sicher als Erkenntnis durchsetzt: Intelligenz und Intelligenzentwicklung werden nicht nur "nicht nur durch genetische Faktoren, sondern auch durch Umwelteinflüsse und die komplexe Wechselwirkung zwischen beiden bestimmt [...].“


Gemeinsam mit Dr. Vsevolod Scherrer, Prof. Dr. Elliot M. Tucker Drob und Prof. Dr. Franzis Preckel hat Dr. Moritz Breit Daten aus 205 Längsschnittstudien mit insgesamt 87.408 Teilnehmenden analysiert. Seine Erkenntnisse fasst das Team in einem Aufsatz zusammen, der kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Psychological Bulletin“ veröffentlicht wurde.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 22. Februar 2024