Kaffee macht nicht wacher als wach

... vor allem, wenn er regelmäßig konsumiert wird, sagen Forscher:innen. Dafür kann er andere positive Auswirkungen haben.

Habt ihr das Gefühl, dass ihr ohne Kaffee den ganzen Tag wie ein Schluck Wasser in der Kurve hängt? Und fühlt ihr euch bei jeder Tasse, die ihr trinkt, erfrischt und munter? Möglicherweise ist das nur Einbildung, denn die meisten Menschen, die solche Empfindungen haben, trinken so viel und so regelmäßig Kaffee, dass bei ihnen gar keine wachmachende Wirkung eintritt. Zu diesem Schluss kommen wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung von Koffein. Zwar hat Koffein eine erwiesene wachmachende Wirkung, wenn wir zu kurz geschlafen haben oder bereits sehr lange wach sind. Dann unterstützen koffeinhaltige Getränke, wie Kaffee oder Tee, das Wachheitsgefühl. Sind wir aber schon ausgeschlafen und wach, dann macht uns Koffein nicht wacher, als wir es schon sind.

Unser Eindruck, dass uns Kaffee am Morgen beim wach werden hilft, kommt daher, weil die meisten Menschen sogenannte chronische Koffein-Konsument:innen sind. Das bedeutet, dass sie täglich, egal, ob zu unterschiedlichen Zeiten oder nur einmal, Kaffee zu sich nehmen. Das Gehirn gewöhnt sich an den Wirkstoff. In der Nacht kann sich dann ein Mini-Entzug einstellen. Und dieser macht müde. Wenn dann Kaffee getrunken wird, hat dies bei Menschen, die täglich Kaffee trinken, schon einen positiven Effekt.

Anders ist es, wenn man länger keinen Kaffee getrunken oder sonst nie Kaffee trinkt. Wenn Forscher:innen die Effekte von Kaffee untersuchen, dann meist mit Testpersonen, die 1-2 Wochen zuvor auf Kaffee verzichtet haben.
Die Gruppe von Prof. Hans-Peter Landolt vom pharmakologischen Institut der Universität Zürich konnte aber zeigen, dass sogar schon vier Tage Abstinenz ausreichen, um mit einer morgendlichen Koffeineinnahme einen reduzierten Tiefschlaf in der darauffolgenden Nacht hervorzurufen, wie Dr. Carolin Reichert vom Zentrum für Chronobiologie der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel.

Wir reagieren demnach stärker auf Koffein, je seltener wir es konsumieren. Zum anderen gibt es genetische Unterschiede, wie sensitiv wir auf Koffein reagieren, aber auch andere Faktoren sind entscheidend für die Aufnahme, zum Beispiel ob jemand raucht.

Erst mal einen Kaffee und dann los!

Wer also vom Kaffee wirklich wacher werden will, der sollte ihn nicht regelmäßig trinken.

Weil Kaffee aber auch und gerade, wenn er regelmäßig getrunken wird, positive Auswirkungen haben kann, müssen Kaffee-Konsument:innen jetzt aber nicht auf ihre tägliche Tasse verzichten. Denn wie Chronobiologin Dr. Carolin Reichert anmerkt, verweisen einige Studien darauf, dass regelmäßiger Koffeingenuss vor neurodegenerativen Erkrankungen schützen könnte und auch im psychiatrischen Bereich gibt es Hinweise, dass bei manchen Störungen regelmäßiger Konsum günstig sein kann.

Zudem könne auch der kulturell gewachsene positive Gedanke an das gemeinsame Kaffeetrinken positive Wirkung haben und als Belohnung empfunden werden, nach  der man Dinge motivierter anpacke.

Die Wissenschaftler:innen wollen sich im Dezember 2023 in einem wissenschaftlichen Symposium mit dem Titel „Koffein: Segen oder Fluch - Mechanismen der Koffeinwirkung auf Schlaf, zirkadiane Rhythmik und Leistung“ auf der 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) darum weiterhin intensiv mit dem Thema beschäftigen - und wahrscheinlich jede Menge Kaffee dabei trinken ;-).

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 27. November 2023