Mehr als Entweder-Oder

Am 26. Oktober ist Welttag der Intersexualität

Bild: Luise Weber

Nicht eindeutig Frau, nicht eindeutig Mann, sondern beides ein bisschen und irgendwie dazwischen. Intersexuelle Menschen, auch Hermaphroditen, Inter* oder Zwitter genannt, kommen mit einem nicht eindeutigen Geschlecht zur Welt, und sie haben es damit sehr schwer in unserer Welt, in der es nur offenbar nur Männer und Frauen und nichts dazwischen geben darf. Der 26. Oktober, der Welttag der Intersexualität, will auf die Menschen aufmerksam machen, die sich eben von Natur aus nicht in dieses Schema pressen lassen können und wollen. 

In manchen Fällen ist Intersexualität sofort erkennbar, wenn ein Baby nach der Geburt Körpermerkmale von beiden Geschlechtern aufweist. Manchmal wird sie aber erst in der Pubertät erkannt, wenn zwar zunächst eindeutige Geschlechtsorgane vorhanden sind, aber in der Pubertät nicht die dazu passenden Hormone aktiv werden. Intersexualität  kommt ungefähr auf 4.000 geborene Kinder einmal vor. Es gibt viele unterschiedliche Formen der Intersexualität, und erst in jüngerer Zeit wächst langsam in der Gesellschaft und Wissenschaft ein Bewusstsein dafür, dass Intersexualität keine Krankheit, sondern eine Variante der Natur ist.

Lange Zeit war ein eindeutiges Geschlecht für die Eltern, die Ärzt_innen und vor allen Dingen für die Behörden so wichtig, dass den betroffenen Kindern schlichtweg direkt nach der Geburt per Operation ein eindeutiges Geschlecht zwangsverordnet wurde - etwa wenn das Kind sichtbar beide Geschlechtsorgane aufwies. Jungen Erwachsenen wurden dann später oft Hormone verordnet, die ihren sichtbaren (oder operierten) Geschlechtsorganen entsprachen. Nicht selten wurden den Kindern lange Zeit vorenthalten, dass sie auch Merkmale des anderen Geschlechts in sich tragen. Viele auf diese Weise behandelte Menschen leiden ihr Leben lang unter den psychischen und physischen Folgen.

Betroffene fordern darum, geschlechtszuweisende Operationen nur mit persönlicher Einwilligung vorzunehmen und bei Kindern, die dies noch nicht entscheiden können, zu verbieten. Schließlich wird den Kindern damit nicht nur ein Geschlecht vorgeschrieben, dem sie sich möglicherweise (nicht allein) zugehörig fühlen, sondern es wird ihnen auch in einigen Fällen die Fortpflanzungsfähigkeit genommen und das sexuelle Empfinden gemindert. Rein medizinisch ist ein solcher Eingriff in den meisten Fällen gar nicht erforderlich.

Der Welttag der Intersexualität (Intersex Awareness Day) wurde in den USA ins Leben gerufen. Er hat seinen Ursprung im Jahr 2003 und wurde 2004 erstmals begangen. In seinen Anfängen ging es den Initiatoren vor allem darum, den Betroffenen die Scham für ihre Besonderheit zu nehmen und der Tabuisierung des Themas ein Ende zu bereiten. Heute gelingt es, das Thema in die Medien zu bringen und eine Diskussion darüber in Gang zu setzen, warum unsere Gesellschaft eigentlich so krampfhaft an ihren Entweder-Oder-Konzepten festhält.

Quellen

Autorin / Autor: Redaktion; Bild: Luise Weber - Stand: 26. Oktober 2015