Noten taugen nicht zum Vergleich

Bildungsforscher:innen: Die Notengebung unterscheidet sich nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern von Schule zu Schule

Schüler:innen kennen das. Bei einer Lehrkraft bekommt man eine 1 quasi hinterhergeschmissen, bei einer anderen muss man für eine 2 schon sehr hart arbeiten. Schulnoten werden selten als gerecht empfunden, darum gibt es immer wieder Diskussionen darüber, ob sie überhaupt Sinn machen, geschweige denn wirklich etwas über die Kompetenzen von Schüler:innen aussagen. Politisch wird versucht, der mangelnden Aussagekraft von Schulnoten entgegenzuwirken, indem die Anforderungen bundesweit vereinheitlicht werden, denn es wird immer wieder kritisiert, dass die Anforderungen in den Bundesländern äußerst unterschiedlich sind. So hat beispielsweise ein "Bayern-Abi" den Ruf, besonders anspruchsvoll zu sein, während ein Berlin-Abi als vergleichsweise "einfach" gilt. Aber stimmt das überhaupt?

Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat in einer Studie untersucht, wie vergleichbar Schulnoten sind - zwischen verschiedenen Bundesländern, aber auch zwischen verschiedenen Schulen des gleichen Bundeslandes und oder auch innerhalb einer Schule. Ausgewertet wurden dafür Daten von 55.002 Schüler:innen der Jahrgangsstufe 9, die in Erhebungen für die IQB-Bildungstrends 2015 und 2018 erfasst wurden. Dabei zeigte sich, dass Schüler:innen mit gleichen Schulnoten sehr unterschiedliche Kompetenzen, bzw. Schüler:innen mit gleichen Kompetenzen unterschiedliche Schulnoten aufwiesen, und zwar nicht nur im Vergleich verschiedener Bundesländer, sondern vor allem im Vergleich verschiedener Schulen im gleichen Bundesland.

Woran liegt das?

Bei der Notengebung spielen sehr viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel bildet eine Note ab, wie gut Schüler:innen sich im Unterricht und in Prüfungen schlagen. Was genau im Unterricht und in Klassenarbeiten gefordert wird, ist aber von Schule zu Schule unterschiedlich. In eine Note können auch persönliche Faktoren einfließen, etwa ob Schüler:innen besonders gewissenhaft arbeiten oder besonders fleißig sind.

Die Persönlichkeit der Lehrkräfte kann eine Rolle spielen: sind sie eher milde oder streng? Beurteilen sie die Schüler:innen auf Grundlage ihrer persönlichen Einschätzung? Oder aufgrund der tatsächlichen Leistungen? Spielen hier auch Vorurteile vielleicht eine Rolle? Lehrer:innen können in ihrer Leistungsbewertung auch auf die Leistungsstärke der Klasse Bezug nehmen. Die/der beste Schüler:in einer Klasse erhält eine sehr gute Note. Aber vielleicht ist die Klasse ja insgesamt nicht so leistungsstark, so dass der/die Klassenbeste in einem leistungsstärkeren Umfeld eher im Mittelfeld liegen würde.

Lehrer:innen können berücksichtigen, wie Schüler:innen sich entwickeln. Haben sie sich deutlich verbessert? Dann können Lehrkräfte verleitet werden, den Lernfortschritt zu benoten statt den tatsächlichen Leistungsstand. Im Berliner Schulgesetz ist es sogar ausdrücklich gewünscht, dass die Entwicklung von Schüler:innen berücksichtigt wird.

Noten bundesweit vergleichbar zu machen, ist schwierig

Die Forscher:innen kommen zu dem Schluss, dass der Wunsch, Noten bundesweit vergleichbar zu machen, in der Praxis praktisch nicht erfüllbar ist. Gleichzeitig werfen sie die Frage auf, ob das überhaupt nötig und sinnvoll ist. Wenn versucht würde, eine Vergleichbarkeit zu erzwingen, müsste die Notengebung so vereinheitlicht werden, dass andere Aspekte unter den Tisch fielen - etwa die sozialen Hintergründe von Schüler:innen oder ihre persönliche Entwicklung. Die Forscher:innen argumentieren, dass die Funktion von Noten geklärt werden müsse. Würde man schlussendlich anerkennen, dass Noten nicht zur Vergleichbarkeit taugen, sondern eher, um Schüler:innen ein Feedback zu geben und sie zu motivieren, könnte man sich manche vergebene Mühe sparen.

Leider ist der Wunsch, an einer kleinen Zahl abzulesen, wie geeignet ein:e Bewerber:in für einen Beruf oder eine Ausbildung ist, immer noch weit verbreitet. So wird uns die Diskussion um Sinn und Unsinn von Schulnoten wohl noch eine Weile begleiten.

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Autorin / Autor: Redakton/ Pressemitteilung - Stand: 28. Feburar 2024