Reiß dich zusammen oder iss Schokolade

Umfrage: Viele Menschen unterschätzen die Krankheit Depression

Mensch balanciert auf einem Dach

Die meisten Menschen in Deutschland werden im Laufe ihres Lebens mit Depressionen konfrontiert - etwa, weil sie selbst unter ihnen leiden oder Angehörige davon betroffen sind. Dennoch haben viele falsche Vorstellungen von den Ursachen, aber auch von den Behandlungsmöglichkeiten. Zu diesem Schluss kommt die Studie "Deutschland-Barometer Depression" der Stiftung "Deutsche Depressionshilfe" und der Deutsche Bahn Stiftung.

*Depression durch falsche Lebensführung???*
Die repräsentative Befragung untersuchte Einstellungen und Wissen zur Depression in der Bevölkerung. Befragt wurden 2.000 Personen zwischen 18 und 69 Jahren, ergänzt wurde diese Befragung der Allgemeinbevölkerung durch eine Online-Umfrage unter Depressionsbetroffenen. Es kam heraus, dass die Mehrheit glaubt, Depressionen enstünden vor allem als Folge von Schicksalsschlägen und Belastungen am Arbeitsplatz. Über die Hälfte der Befragten glaubt, dass die Depression durch eine „falsche“ Lebensführung ausgelöst wird; knapp ein Drittel hält Charakterschwäche für eine Depressionsursache.

*Erbliche Faktoren spielen eine große Rolle*
Dabei ist den wenigsten bekannt, dass Depression auch biologische Ursachen hat und erbliche Faktoren eine große Rolle dabei spielen. Nur zwei Drittel wissen, dass während der Depression der Stoffwechsel im Gehirn gestört ist. „Während der Depression nehmen Betroffene alles wie durch eine dunkle Brille wahr. Bestehende Probleme wie Partnerschaftskonflikte oder Arbeitsstress erscheinen vergrößert. Deshalb bewerten viele diese äußeren Faktoren über und gehen davon aus, dass die Depression dadurch ausgelöst wurde“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.

*Wie behandelt man Depressionen?*
Entsprechend den falschen Annahmen über die Ursache von Depressionen, haben viele auch falsche Vorstellungen, wie man Depressionen behandeln oder in den Griff bekommen kann. So glaubt rund jede_r fünfte Befragte, dass „Schokolade essen“ (18 Prozent) oder „Sich zusammenreißen“ (19 Prozent) geeignete Mittel gegen die schwere, oft lebensbedrohliche Erkrankung seien. „Depressionen werden gemäß den nationalen Versorgungsleitlinien mit Antidepressiva und/oder Psychotherapie behandelt“, stellt Prof. Ulrich Hegerl richtig.

*4 von 5 Deutschen glauben, Antidepressiva würden süchtig machen*
Die psychotherapeutische Behandlung genießt einen besseren Ruf (96 Prozent halten sie für eine geeignete Behandlungsmöglichkeit) als medikamentöse Behandlungsmethoden (75 Prozent). Diese unterschiedliche Einschätzung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass 4 von 5 Deutschen glauben, Antidepressiva würden süchtig machen (78 Prozent) oder den Charakter verändern (72 Prozent). „Antidepressiva machen nicht ‚high‘, sie wirken in erster Linie gestörten Funktionsabläufen im Gehirn entgegen. Auch die Persönlichkeit wird nicht verändert. Die Depression selbst dagegen führt zu schweren Veränderungen im Erleben und Verhalten. Wenn es unter der Behandlung mit Antidepressiva zum Abklingen der Depression kommt, berichtet die große Mehrheit der Patienten, sich wieder wie im gesunden Zustand zu fühlen“, erklärt Hegerl.

*Langes Warten auf die richtige Behandlung*
Insgesamt erkranken jedes Jahr in Deutschland ca. 5,3 Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression, die vor allem bei fehlender oder unzureichender Behandlung in Selbsttötungen münden können. Von der großen Zahl depressiv Erkrankter erhält nur eine Minderheit eine optimale Behandlung, wie aktuelle Studien belegen. Außerdem müssen Betroffene  lange Wartezeiten überbrücken, bis sie einen Termin bei Fachärzt_innen oder Psychotherapeut_innen erhalten.

Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe setzt darum auf einen Ausbau der Selbsthilfeangebote - auch im digitalen Bereich - etwa durch das Online-Angebot iFightDepression.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung