Zu viel Beinfreiheit?

Hotpantsverbot an Schule sorgt im Netz für erhitzte Gemüter

Foto: Luise Weber

Viel Sonne, wenig Hose - ist doch klar, dass bei sommerlichen Temperaturen, wie sie derzeit herrschen, Stoff nur spärlich eingesetzt wird. Kurze Röcke, noch kürzere Hosen beherrschen das Bild bei Mädchen und Jungs gleichermaßen. Einer Realschule in Baden-Würtemberg wurden die Hosen ihrer Schülerinnen nun allerdings zu kurz, so dass sie der Teilentblößung nun einen textilen Riegel vorschieben wollten. In einem Brief an die Eltern monierte die Schulleitung der betroffenen Schule auf Wunsch einiger Lehrerinnen und Lehrer, "dass Mädchen der Werkrealschule sehr aufreizend gekleidet" seien.
Diese Entwicklung stimme die Schreiber_innen "nachdenklich", woraufhin sie sich entschlossen hätten, "keine aufreizende Kleidung dulden" zu wollen. Weil die Entwicklung einer mit der Schülerschaft abgestimmten Kleiderordnung Zeit in Anspruch nimmt, gebe es eine Übergangsregelung die da heißt: "Wer zu aufreizend gekleidet ist (zum Beispiel bauchfreies Shirt, Hotpants...), der bekommt von der Schule ein großes T-Shirt gestellt, das er/sie sich bis zum Schultagsende anziehen muss."

Unter dem Hashtag #hotpantsverbot hat sich nun im Netz eine angeregte Diskussion darüber entsponnen, wer hier eigentlich spinnt. Mädchen, die zu knappe und in der Schule unangemessene Kleidung tragen und damit irgendwen durcheinanderbringen und vom Lernen abhalten? Die Eltern, die ihren Töchtern nicht zu Hause gleich einen Sack überwerfen, damit sie nicht so zur Schule gehen können? Oder die Schulleitungen und Lehrkörper, die in sommerlich angemessener Kleidung gleich "Freizügigkeit" entdecken und offenbar selbst ein Problem haben?

Die Solidarität gehört in den twitter-Diksussionen überwiegend den Mädchen, schließlich sind sie diejenigen, die erst blöd angeglotzt werden und dann eine Zwangsverhüllung durch unförmige T-Shirts über sich ergehen lassen sollen, während ihre männlichen Mitschüler in den kürzesten aller Shorts und den bauchfreisten aller Shirts herumlaufen dürfen, ohne dass irgendjemand sich über "Aufreizendes" aufregen würde.

Davon abgesehen zeigt sich hier wieder, in welch absurder Welt wir leben. Von Werbeplakaten lachen uns an jeder Ecke Bikinschönheiten im netten Nichts an und Burkinis empfinden wir als Beleidigung unserer "freien" Gesellschaft, aber einem weiblichen Bauchnabel im Klassenzimmer muss sofort mit einer strikten Kleiderordnung begegnet werden. Ja, was denn nun?

Im Endeffekt sind die Hotpants in diesen heißen Tagen aber ohnehin wohl eher ein Sommerloch-Füller. In Ermangelung von sinnvollen Nachrichten muss eben auch mal eine Provinzposse als Schlagzeile herhalten und das tut sie jedes Jahr wieder mit einer Intensität, die irgendwie erschreckend ist.
In der Folge kann sich nun auch in Ruhe die Diskussion um Schuluniformen entfalten, die zu solchen Anlässen auch gerne hervorgekramt wird, gefolgt von der Kopftuchfrage (was haben ein Hotpantsverbot und ein Kopftuchverbot gemeinsam?) und alle können sich an der Doppelmoral unserer Gesellschaft verbal abarbeiten. Aber das muss ja auch mal sein ;-). Manchmal sind die großen Krisen auch einfach zu anstrengend.   

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SlutWalks

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 8 Juli 2015