Zukunftsangst verdrängt Corona-Angst

Jugendstudie legt offen: deutlich mehr als die Häfte der Jugendlichen macht sich Sorgen über gesellschaftliche Entwicklungen

Die gefährliche Phase der Corona-Zeit ist zwar vorbei, aber die emotionale Belastung ist für viele Jugendliche nach Corona trotzdem nicht weniger geworden. Zudem haben junge Menschen das Gefühl, von den politisch Verantwortlichen nicht ausreichend wahrgenommen zu werden. Dies ist ein Ergebnis der vierten JuCo-Studie des Forschungsverbunds Kindheit – Jugend – Familie in der Corona-Zeit der Universitäten Hildesheim und Frankfurt. Rund 1.200 junge Menschen haben im Frühjahr 2023 an der Studie teilgenommen.

Viele Jugendliche haben Zukunftsängste - das zeigte sich schon in den drei ersten JuCo-Studien. Über den Verlauf der vier JuCo-Studien wird nun deutlich: Diese Ängste sind mit dem Ende der Pandemie nicht unbedeutender geworden. Politische Entwicklungen und globale Krisen werden von den Befragten sensibel wahrgenommen. Anna Lips von der Universität Hildesheim: „Junge Menschen sind dabei, ihren Platz in der Welt zu finden. Reiht sich eine Krise an die andere, kann dies zu einer Orientierungslosigkeit führen.“ Auch der Kommentar einer Studienteilnehmerin unterstreicht die Unsicherheit, mit der junge Menschen konfrontiert sind: „Ich habe zwar einen Plan im Leben, aber ich werde mit all diesen Dingen rechnen und leben müssen.“

Junge Frauen besorgter als junge Männer

Was die Studie außerdem offenbart: Junge Frauen machen sich – wie bereits zur Pandemiezeit - mehr Sorgen als junge Männer. Und auch auf ihre Zukunftsperspektiven und die aktuelle Situation in Deutschland schauen sie weniger zuversichtlich. In der vierten JuCo-Studie machte sich nur jede zehnte junge Frau keine Sorgen über gesellschaftliche Entwicklungen, mehr als ein Viertel ist teilweise besorgt und 62 Prozent zeigen sich besorgt. Unter jungen Männern ist fast jeder Fünfte unbesorgt und 56 Prozent machen sich Sorgen über das, was aktuell in Deutschland passiert.

Eine Folge der Pandemie scheint ebenfalls zu sein, dass viele junge Menschen unsicher im Umgang mit anderen geworden sind. Lockdowns, Kontaktbeschränkungen und Abstandsregelungen sind also nicht folgenlos für junge Menschen geblieben. Die Erfahrung der Pandemie wirkt im sozialen Miteinander unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach.

Junge Menschen ernst nehmem

Schon lange wird die konsequente Umsetzung des Rechts auf Beteiligung und Mitbestimmung für junge Menschen gefordert. Hier zeigen die JuCo-Studien: Immer weniger haben das Gefühl, die Situation von jungen Menschen sei für politisch Verantwortliche wichtig oder ihre Anliegen würden gehört. Diesen Trend umzukehren, liegt in der Verantwortung von Erwachsenen, so der Forschungsverbund. Man müsse junge Menschen in ihren Kompetenzen und ihren Anliegen ernst nehmen und sie an Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligen.

Zwar wurden nach der Pandemie Projekte für junge Menschen initiiert, gleichzeitig werden aber im sozial- und jugendpolitischen Bereich massiv finanzielle Mittel gekürzt. Dies sieht der Forschungsverbund als fatales Signal – auch an junge Menschen selbst. „Die Ergebnisse der Studien haben eindrücklich gezeigt, dass Jugendliche verlässliche Unterstützungsstrukturen brauchen, die sie selbst mitgestalten können“, plädiert Johanna Wilmes von der Goethe Universität Frankfurt. „Viele junge Menschen spüren die Folgen der Pandemie, sodass sie psychologische, medizinische und eben auch soziale Unterstützung brauchen. Da ist nun politischer Wille gefragt.“

Insgesamt nahmen an den vier JuCo-Studien rund 20.000 junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren aus ganz Deutschland teil. Die Studie JuCo IV wurde im Februar 2023 durchgeführt, es beteiligten sich 1.185 junge Menschen. 68 Prozent der Befragten waren Mädchen und junge Frauen.

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 30. November 2023