Boyhood

s7illwat3rs Fazit: Ein Film, bei dem das normale Leben die Story ist

Mason ist ein sechsjähriger Junge. Und was machen sechsjährige Jungs? Er geht in die Schule, spielt draußen im Dreck, fährt mit seinem besten Kumpel Rad, zankt sich mit seiner Schwester und ist einfach ein Kind. Seine Mutter ist alleinerziehend und versucht mit Liebe, aber auch Strenge ihre beiden Kindern großzuziehen, während alle paar Tage sein Vater auftaucht und ohne großen Erziehungsanspruch den „Spaßdad“ spielt.
Schon früh merkt man, dass Mason zwar kein unvernünftiger Junge ist, aber auch nicht allen Regeln folgt. Er ist jemand, der sich mitten auf eine Wiese legt, in den Himmel starrt und seine Gedanken schweifen lässt.
Wir sehen Mason aufwachsen. Wir sehen, wie er in der Schule aneckt, wie er seine ersten Erfahrungen mit Mädchen macht, wie er die Männerwahl seiner Mutter anzweifelt, wie er sich Gedanken über seine Zukunft macht – wir sehen eine komplette Persönlichkeitsentwicklung. Wir erleben, wie Mason von einem kleinen Jungen zu einem Mann wird.

*„Nur“ das Leben eines Jungen und doch so viel mehr*
Der Film „Boyhood“ fiel für mich ein wenig aus dem Rahmen, wenn man ihn mit den gängigen (Hollywood)-Filmen vergleicht. Denn hier läuft kein roter Faden mit einer Story, bei dem der Held die Welt rettet, seine große Liebe entdeckt oder sonstige vorhersehbare Geschichte erzählt wird. Und auch wenn in Masons Leben viele negative Dinge geschehen, so hat man nicht das Gefühl, dass das jetzt passiert, damit es bloß spannend bleibt, sodass der Zuschauer wie gefesselt vor der Leinwand sitzt. Man hat eher das Gefühl, dass es eben nicht vielmehr als das ganz normale Leben ist. Das Leben hat seine Hochs und Tiefs, Entwicklungen, die sich nicht steuern lassen, aber auch die Möglichkeit des eigenen Wachstums und die eigene Entscheidungsmacht.

Aber ist es so spannend, jemandem bei seinem „stinknormalen“ Leben zuzusehen? Für mich war es das tatsächlich. So hat doch jedes Leben etwas Besonderes an sich, und dennoch ist das Konzept des Films so einfach. Denn womit fühlt man sich am ehesten verbunden, und was kann man besser verstehen, als das ganz normale Leben?

Hinzu kommt etwas, was ich bisher (abgesehen von Dokumentationen vielleicht) noch in keinem Film gesehen habe. Denn „Boyhood“ erzählt insgesamt zwölf Lebensjahre von Mason, seiner Familie und allen Menschen um ihn herum. So gibt es natürlich auch Zeitsprünge, aber die Schauspieler bleiben immer dieselben. Das heißt, der Filmdreh begann, als der Schauspieler von Mason im Grundschulalter war, und endet mit dem Collegealter. Dass über die erzählten Jahre hinweg die Schauspieler bestehen bleiben, macht den Film zusätzlich besonders und verleiht ihm auch eine gewisse Glaubwürdigkeit, weil man die Schauspieler tatsächlich wachsen, sich verändern und entwickeln sieht.

*Fazit: Ein Film, bei dem das normale Leben die Story ist*
Es ist kein Actionfilm mit exlodierenden Autos oder eine schnulzige Romanze über die große Liebe, die versuchen, Spannung in einen Film zu bringen, sondern es ist das ganz normale Leben eines Jungen, das hier erzählt wird. Das Geheimrezept hier ist also nicht eine möglichst fesselnde Story, sondern die Nähe zum Leben. Es war anders als das gewohnte Kino, aber mich hat es (vielleicht genau deshalb) überzeugt.

Kinostart: Donnerstag, 5. Juni 2014.

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Autorin / Autor: s7illwat3r - Stand: 13. Mai 2014