Hasta la vista

Ein Roadmovie der besonderen Art

Das Roadmovie „Hasta la vista“ vom Regisseur Geoffrey Enthoven handelt von drei jungen Männern, die endlich ihre Jungfräulichkeit hinter sich lassen wollen. Dazu soll’s vom heimatlichen Belgien aus an die spanische Küste in ein Bordell gehen. Den Eltern wird die Reise als Weintour schmackhaft gemacht, und nachdem alle überzeugt wurden, müssen die Drei letztlich doch hinterrücks ausbüxen. Bereits in der ersten Szene werden die auf- und niederhüpfenden Brüste zweier Joggerinnen in Slowmotion gezeigt. Wer aber Vergleiche zu American Pie und Konsorten ziehen will, ist schief gewickelt. Lars (Gilles de Schryver) sitzt aufgrund einer Krebserkrankung im Rollstuhl, Philip (Robrecht Vanden Thoren) ist vom Hals abwärts gelähmt und Jozef (Tom Audenaert) beinahe komplett blind. Da schwingt neben etwas Tragik auch der unbändige Willen der Freunde mit: Nach Selbstständigkeit, nach Freiheit, nach Freundschaft und natürlich Liebe. Nach all dem wird also gestrebt, während das Thema Frauen immer mehr in den Hintergrund rückt.

Und obwohl die Freundschaft der Drei immer mal wieder leiden muss und sie eben doch nicht ganz ohne fremde Hilfe auskommen, verlässt sie niemals der Mut. Jeder der Charaktere ruft durch seine „einzigartige Andersartigkeit“ Sympathien hervor, auch das Zusammenspiel der Männer erscheint durchweg stimmig. Wunderbar ist auch Isabelle de Hertogh als toughe Pflegerin Claude, die die Freunde im Kleinbus nach Spanien kutschiert, ihnen eine Nacht unter freiem Sternenhimmel beschert und sie sogar vor aggressiven Niederländern beschützt. Dieses Potpourri an mal mehr, mal weniger liebreizenden Charakteren begeistert durchweg. Und das ist es auch, was diesen Film so spannend macht und dem doch recht tragischen Thema ein wenig die Tragik nimmt. Lars, Philip und Jozef haben gelernt, mit ihrer Behinderung umzugehen, und das tun sie größtenteils mit Humor. Denn, so lehrt der Film: Mit Humor ist so manches leichter zu ertragen.

Trotz der recht passablen Länge von 115 Minuten schafft es der Film, durchgängig spannend zu bleiben. Das liegt wohl daran, dass irgendwann ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt, in dem die Eltern ihren Kindern zu "ihrem eigenen Wohl" nachjagen. Schnell fühlt man sich selbst wie der Gejagte, und weiß dabei aber, dass man selbst im Recht ist. Und dass man sich nicht unterkriegen soll.

Auch spannend: Das Drehbuch basiert auf realen Begebenheiten. Asta Philpot, ebenfalls körperlich beeinträchtigt, veranlasste bereits in der Dokumentation „ForOneNightOnly“ eine Reise in ein behindertengerechtes Bordell in Spanien, auf der er von zwei weiteren Männern begleitet wurde. Seiner Ansicht nach haben auch Behinderte ein Recht auf ein aktives Sexualleben. Genauso versucht „Hasta la vista“, den Spalt zwischen Behinderten und Nichtbehinderten zu schmälern, etwa als Jozef zur Pflegerin Claude sagt: „Deine Behinderung ist dein Ex.“ Deshalb scheinen sowohl die thematisierte Behinderung als auch das Verlangen nach Frauenliebkosungen nur austauschbare Variablen zu sein für allgemeingültigere Gleichungen. So wie: Jeder muss manchmal Grenzen durchbrechen, um an sein Ziel zu kommen. Klingt pathetisch, ist aber wahr. Und somit kann sich auch jeder im Film wiederfinden und mit den drei Männern im Kleinbus in die röter werdende Sonne düsen.

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Autorin / Autor: Annika Willinger - Stand: 08. Juni 2012