Nur ein wenig Angst

Autor: Alexander Kielland Krag
ins deutsche übersetzt von Gabriele Haefs

Cornelius ist ein ganz normaler Junge: Er spielt gerne Fußball oder schaut mit seinen Freunden Filme. In der Schule kommt er gut zurecht, und wenn am Wochenende jemand eine Party feiert, ist er auf jeden Fall dabei. Mit dem Thema mentale Gesundheit hatte er bisher noch keine Berührungspunkte – bis in seinem Körper ein Sturm aufzieht, den er weder beschreiben, noch abschütteln kann. Immer wieder überkommt es ihn, wie aus dem Nichts, und reißt ihm den Boden unter den Füßen weg. Nach einer Weile begreift Cornelius, dass hier von einem Arzt keine schnelle Hilfe zu erwarten ist. Stattdessen wird ihm geraten, über das was er erlebt, zu reden – als ob das so einfach wäre, als ob das überhaupt möglich wäre! Klar kann er mit seinen Freunden quatschen, über Fußball, Probleme mit Lehrern oder Mädels. Aber nicht darüber. Doch mit jedem Gewitter, das kommt und geht, begreift Cornelius mehr, dass er das Thema nicht totschweigen kann. Und dass er das auch nicht muss.

Der Umgang mit dem Thema mentale Gesundheit erlebt einen Wandel, der längst überfällig war. Viele Menschen aus allen Generationen lernen gerade erst, Worte zu finden für das, was sie belastet und beschäftigt, und wie sie damit umgehen können. Während manche bereits jahrelang mit einer psychischen Erkrankung leben, können sich andere kaum vorstellen, dass jemand in ihrem unmittelbaren Umfeld eine Therapie macht. Diese Menschen holt „Nur ein wenig Angst“ genau dort ab: An einem Ort, an dem man über negative Gefühle nicht spricht, nicht nach Hilfe fragt, sich keine Schwäche eingesteht. Der Autor nimmt all jene Leserinnen und Leser an die Hand und begleitet sie auf dem beschwerlichen Weg, den auch Cornelius gehen muss: Erkennen, dass der eigene Leidesdruck nicht normal ist. Sich eingestehen, dass man Hilfe braucht. Verstehen, dass es Zeit braucht, bis die Symptome sich ändern oder sogar bessern. Sich bewusst werden, dass das Stigma, das psychische Krankheiten noch immer umgibt, das Leben so vieler Menschen unnötig schwerer macht – und dass wir alle dazu beitragen können, dies zu ändern. Insgesamt ein sehr wertvolles Buch. Die Gestaltung in kurzen, prägnanten Abschnitten hat mir gut gefallen, da sie gut zu Cornelius‘ Charakter passt und seinen Fokus auf das Wesentliche zum Ausdruck bringt.

Die Darstellung der Lebenswelt von Jugendlichen erscheint mir gelungen und authentisch. Natürlich beschreibt „Nur ein wenig Angst“ nur eine Facette einer psychischen Erkrankung, nur ein Schicksal von Unzähligen. Damit ist der Roman eine wichtige Ergänzung der bestehenden Jugendliteratur zum Thema mentale Gesundheit.

*Erschienen bei Arctis*

Deine Meinung zu diesem Buch?

Autorin / Autor: lacrima - Stand: 9. Oktober 2023